Übersichtlich ausgewiesene Fluchtwege, Standorte von Hilfsmitteln zum Löschen, Behandeln und Bergen sowie der offizielle Sammelpunkt bei Evakuierungen – genau diese Informationen und noch viele nützliche Details mehr zeigt ein Flucht- und Rettungsplan gem. DIN ISO 23601 in leicht-verständlicher Weise. Visuell mit nur wenigen geschriebenen Worten soll so nicht kundigen Besuchern von öffentlichen Gebäuden schnell und effektiv in Gefahrensituationen geholfen werden. Durch in den letzten Jahren international weiter vereinheitlichte Gestaltungsrichtlinien nach ISO-Normen sind Flucht- und Rettungspläne auch einem internationalem, fremdsprachlichem Publikum im Ernstfall eine große Hilfe.
Dieser Fachartikel informiert über Gestaltungsgrundlagen, rechtliche Normen und Besonderheiten sowie den Einsatz von Flucht- und Rettungsplänen nach DIN ISO 23601 in der Praxis.
Ihren Beitrag zu einheitlichen, internationalen Gestaltungsgrundlagen von Flucht- und Rettungsplänen trägt in Deutschland die DIN ISO 23601 Rechnung. Diese wurde Ende 2010 durch die DIN Deutsches Institut für Normung e.V. aus den internationalen Vorgaben der ISO-Norm geschaffen und regelt fortan die Gestaltung von Flucht- und Rettungsplänen hierzulande. Wird die ISO-Norm in allen 164 Mitgliedsländern der ISO („International Organization for Standardization“) ratifiziert und angewandt, dann hätte dies aufgrund der internationalen Vertrautheit eine erhebliche Bedeutung für die grenzüberschreitende Verständlichkeit von Fluchtplänen.
Gemäß dieser DIN-Norm gilt folgendes bei der Erstellung zu beachten:
Ein Flucht- und Rettungsplan beinhaltet mehrere Bereiche mit verschiedenen Funktionen. Neben dem klassischen darstellen des Fluchtweges und der vorhandenen Hilfseinrichtungen (Feuerlöscher, Notausgang, Handdruckmelder….) soll sich der Anwender einfach orientieren und die einzuleitenden Maßnahmen schnell erlesen können. Dies dient nicht nur zur Anleitung in Not- und Schocksituationen sondern auch zur Wissensaneignung vor einem etwaigen Notfall.
Bestandteile eines Flucht- und Rettungsplan gem. DIN ISO 23601:
Um im Notfall eine gute und flüchtige Lesbarkeit des Flucht- und Rettungsplanes sicherzustellen, sind insbesondere die Regeln zur farblichen Gestaltung zwingend vorgegeben. Hoher Kontrast und eine geringe Anzahl Farben erhöhen die Übersichtlichkeit. Vorgegeben sind folgende Punkte:
Gestalterische Anforderungen für Arbeitsstätten gem. ASR A 1.3 und ASR A2.3
Wichtige Vorgaben für Arbeitgeber hinsichtlich der Flucht- und Rettungspläne gem. DIN ISO 23601 enthalten die technischen Regeln für Arbeitsstätten (kurz Arbeitsstättenregeln), welche vom Ausschuss für Arbeitsstätten erarbeitet und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einem gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht werden.
Insbesondere die Arbeitsstättenregeln ASR A2.3 und ASR A1.3 benennen für den jeweiligen Anwendungsbereich die Anforderungen, wie ein Arbeitgeber eine Arbeitsstätte einzurichten und zu betreiben hat. Hält der Arbeitgeber die technischen Regeln ein, kann der Arbeitgeber davon ausgehen die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen. Andere gewählte Lösungen müssen mindestens die geforderten Standards der Arbeitsstättenregeln erreichen.
Speziell die Arbeitsstättenregeln ASR A1.3 und ASR A2.3 enthalten konkrete gestalterische Anforderungen, welche jedoch durch die Anforderungen der DIN ISO 23601 abgedeckt sind.
In der ASR A2.3 im Punkt 9, Absatz (2), (3) und (4) ist bspw. formuliert, dass Flucht- und Rettungswege aktuell, übersichtlich, gut lesbar und farblich gestaltet sein müssen. Dabei müssen Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen zum Einsatz kommen. Es ist der Gebäudegrundriss (oder Gebäudeteile), der Fluchtwegverlauf, der Standort des Betrachters sowie die Lage von Sammelstellen, Erste-Hilfe-Einrichtungen und Brandschutz-Inventar. Zudem sind Regeln für das Verhalten im Brandfall und bei Unfällen zu integrieren.
Die ASR A 1.3 benennt in Nr. 6, Absatz (1)-(3) weitestgehend folgende Punkte:
Beide Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A1.3 und ASR A2.3 sind frei über das Internet einseh- und herunterladbar.
Flucht- und Rettungspläne sind an Standorten anzubringen, welche stets gut zugänglich sind und an welchen sich der Plan deutlich von der Umgebung abheben kann. Zudem sollten Sie stets gut lesbar sein (Wahl der Höhe, Lichteinfall, etc.).
Die Anbringung des Flucht- und Rettungsplanes gem. DIN ISO 23601 erfolgt stets an strategisch-sinnvollen Stellen des Fluchtweges wie z.B. Haupteingänge, an Treppenhäusern/ Aufzügen, Flurgabelungen und Abzweigungen. Der Benutzer hat sich stets an dem jeweiligen Standort über die an dieser Stelle vorherrschenden Fluchtmöglichkeiten informieren zu können. Adressaten sind nicht ausschließlich flüchtende Personen sondern auch die Rettungskräfte.
In DIN SPEC 4844-4 wird u.A. die korrekte Anbringungshöhe von Flucht- und Rettungsplänen definiert. Sie beträgt ca. 1,60 m, gemessen vom Boden bis zur Planmitte.
Die Befestigung an einer ausgewählten Stelle erfolgt dauerhaft. Dies ist wichtig, da der Standort des Betrachters im Flucht- und Rettungsplan fest eingetragen ist. Zudem merken sich regelmäßig verkehrende Personen den Anbringungsort, und suchen diesen im Gefahrenfall auf.
Der Flucht- und Rettungsplan muss lagerichtig angebracht sein, sodass während des Lesens Fluchtrichtung und Gesamtorientierung stimmen.
Eine besondere Pflicht zur Erstellung und Anbringung von Flucht- und Rettungsplänen gem. DIN ISO 23601 trifft insbesondere Arbeitgeber, zumindest soweit Sie in den Geltungsbereich des §4 (4) der Verordnung über Arbeitsstätten ArbStättV vom 12.08.2004 fallen.
Dort heißt es, dass ein Flucht- und Rettungsplan aufzustellen ist, „[…] wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen.“ Zudem soll in angemessenen Abständen anhand dieses Planes geübt werden.
Arbeitgeber sollten die Aspekte der Arbeitsstättenregel ASR A2.3 im Punkt 9 Absatz (5) hinsichtlich der Standortwahl und Anbringung beachten, da dies vorgegebene Mindeststandards darstellen. Flucht- und Rettungspläne sollten demnach:
auch bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung lesbar sein müssen, sofern am Ort des Aushangs eine Sicherheitsbeleuchtung gem. Punkt 8 der ASR A2.3 erforderlich ist. Dies kann durch den Einsatz einer Sicherheitsbeleuchtung oder durch die Verwendung nachleuchtender Materialien erreicht werden.
Die Arbeitsstättenregel ASR A2.3 schreibt in Punkt 9 Anforderungen an Flucht- und Rettungspläne für Arbeitsstätten. Im Absatz (1) ist definiert, dass diese notwendig sind:
Regelmäßige Schulungen und Begehungen zu Fluchtwegen sind seitens des Arbeitgebers regelmäßig, mindestens einmal jährlich zu organisieren. Auf Grundlage der Flucht- und Rettungspläne sind Räumungsübungen durchzuführen. Details regeln die Absätze (6) und (7) im Punkt 9 der Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.3.
Viele Themeninteressierte wollen mehr über den genauen Wortlaut der DIN ISO 23601 wissen und den Normen-Text einsehen. Dies ist jedoch nicht ganz so einfach, wie vielleicht gedacht. Anders als öffentliche Gesetze und Verordnungen, welche im Internet abruf- und herunterladbar sind, handelt es sich bei Normen um privatwirtschaftliche Dokumente, die dem Urheberrecht unterliegen. Zum Hintergrund, warum die DIN ISO 23601 nicht von Jedermann kostenfrei zum Download angeboten werden darf:
In Deutschland ist das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) die unabhängige, privatwirtschaftliche Instanz zur Normung von Produkten, Dienstleistungen und Verfahren. Sie bringt Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft zusammen und dokumentiert einheitliche Standards, wie z.B. die DIN ISO 23601 zur einheitlichen Gestaltung von Flucht- und Rettungsplänen.
Nach eigenen Angaben der DIN wirken an den aktuell rund 34.000 Normen der unterschiedlichsten Disziplinen rund 33.500 Experten aus Wirtschaft, Forschung, von Verbraucherseite und öffentlicher Hand mit. Über die Vermarktung der Norm-Texte refinanziert sich demnach das Deutsche Institut für Normung e.V. zu großen Teilen.
Die Frage, ob die DIN ISO 23601 zum Download kostenlos angeboten wird, muss demnach verneint werden. Alle Normen-Texte sind urheberrechtlich von DIN geschützt und werden exklusiv über den Beuth Verlag, eine Tochtergesellschaft des Deutschen Instituts für Normung e.V., vertrieben. Die DIN ISO 23601 kann ab 80€ als PDF-Download erworben werden, was sich meist nur für ein Fachpublikum rechnet. Für Interessierte lohnt der Gang in die Universitäts- oder Hochschulbibliothek – dort hält man den Normtext meist zur Einsicht vor.
→ Link zum Download-Angebot der Norm DIN ISO 23601:2010-12 des Beuth-Verlages
Sind Flucht- und Rettungspläne im Einsatz, welche nach einer älteren Norm erstellt wurden, dann besteht kein zwingender Anpassungsbedarf an die DIN ISO 23601. Voraussetzung ist allerdings, dass bei Erstellung die damalig zugrundeliegende Norm korrekt eingehalten wurde. Änderungen, z.B. von Grundrissen oder Fluchtwegen, verpflichten jedoch zur inhaltlichen Aktualisierung. Dabei gilt: Grundlegende Änderungen des Flucht- und Rettungsplanes rechtfertigen eine gesamtheitliche Überführung in die neue Norm DIN ISO 23601. Geringfügige Anpassungen können gem. der Alt-Norm in bestehende Pläne eingearbeitet werden.